Auskunftspflicht

Pflicht zur Mitteilung von Tatsachen. Behörden haben A. nur gegenüber dem Betroffenen (i.d.R. nicht gegenüber Dritten) über die ihm zustehenden Rechte und die ihm obliegenden Pflichten. Auskunft bedeutet noch keine Zusicherung (= Selbstverpflichtung der zuständigen Behörde einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen). Der einzelne hat bestimmte A. gegenüber Behörden (z.B. Finanzamt). Auch im Privatrecht gibt es A., z.B. des Beauftragten (Auftrag).

kann aufgrund Gesetzes od. nach Treu und Glauben, aufgrund Vertrages bestehen, vor allem zur Sicherung von Ansprüchen, insbes. bei Herausgabe von Sachen. Z.B. Herausgabe nach Beendigung des gesetzlichen Güterstandes über Zugewinn (Zugewinngemeinschaft), Vormund nach Beendigung der Vormundschaft über das Mündelvermögen (u. U. gegenüber Vormundschaftsgericht), Erbschaftsbesitzer gegenüber Erben. Auskunft in diesen Fällen ist durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses zu erteilen, dessen Vollständigkeit versichert werden muss (§§ 259, 260 BGB). Auskunft kann durch Stufenklage im Zivilprozess erzwungen werden. A. besteht bei Anfechtung im Konkurs ggüber Anfechtungsgegnern; im Konkursverf. ggü- ber Vorstandsmitglied, Gemeinschuldner, Liquidator, Konkursverwalter, Schuldnerveftreter sowie für Vergleichsverwalter im Vergleichsverfahren. Arbeitgeber haben dem Arbeitsamt innerhalb von 3 Tagen Auskunft über Einstellung u. Entlassung von Arbeitnehmern sowie über die Dauer u. Art ihrer Beschäftigung zu geben (§§ 53, 176 AVAVG). A. obliegt ihm auch nach § 28 HeimarbeiterG, § 19 MutterschutzG. A. des Arbeitgebers besteht hinsichtlich der Schwerbeschädigten auch ggüber den Hauptfürsorgestellen; Arbeitgeber hat den gesetzlichen Versicherungen A. in bezug auf die Arbeitnehmer (auch soweit schon ausgeschieden) zu geben; diese Verpflichtung trifft auch die Versicherten. Im übrigen besteht grundsätzlich keine A. des Arbeitgebers über ausgeschiedene Arbeitnehmer. Nach heute herrschender Ansicht ist der Arbeitgeber aber über die Pflicht zur Ausstellung eines Zeugnisses hinaus gehalten, auf Wunsch u. im Interesse des Arbeitnehmers Dritten Auskunft zu erteilen. Auskunftserteilung kann vertraglich mit Arbeitnehmer ausgeschlossen werden, nicht jedoch bei Angestellten des öffentlichen Dienstes u. Beamten. Arbeitgeber hat bei Gewinnbeteiligungsabsprache mit Arbeitnehmer diesem gegenüber A. (§§ 157,242 BGB). A. besteht gegenüber dem Finanzamt über alle Tatsachen, die das Finanzamt zur Ausübung der Steueraufsicht benötigt (vgl. §§ 170, 174 AO). A. im Rahmen eines Bussgeld- oder Strafverfahrens, Aussage, Aussageverweigerung. A. der Banken Bankgeheimnis, Zu ugnisverweigerung.

1. Im öfftl. Recht können A. von Privatpersonen gegenüber Behörden nur durch Gesetz begründet werden (z. B. gegenüber dem Finanzamt, Steuerrecht). Zur A. von Behörden Auskunft. 2. Im Privatrecht sind in verschiedenen Fällen A. bestimmt, z. B. des Verkäufers gegenüber dem Käufer über die rechtlichen Verhältnisse des Kaufgegenstandes (§444 BGB), des Beauftragten gegenüber dem Auftraggeber über den Stand des Geschäfts (§ 666 BGB) oder des Ehegatten nach Beendigung der Zugewinngemeinschaft über den Bestand seines Endvermögens (§ 1379 BGB). Darüber hinaus gibt es nach Treu u. Glauben eine A., wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im ungewissen ist u. der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann.

ist die Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft. Im Verwaltungsrecht erteilt eine Behörde (§25 VwVfG), soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die sie betreffenden Pflichten. Davon abgesehen besteht keine allgemeine A. der Behörden gegenüber Dritten (vgl. aber etwa § 28 BZRG, 15 SGB I), wohl aber vielfach eine A. des Einzelnen gegenüber einer Behörde (z.B. dem Finanzamt, vgl. §§93ff. AO, VO über Auskunftspflicht) oder einem Gericht (vgl. § 55 StPO). Die A. muss (als Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit) durch Gesetz festgelegt sein. Im innerbehördlichen Verkehr ergibt sich eine A. aus der Pflicht zur Amtshilfe. Auch im Privatrecht bestehen zahlreiche einzelne Auskunftspflichten (z.B. des Beauftragten § 666 BGB, des Erbschaftsbesitzers § 2027 I BGB). Zu ihnen tritt eine allgemeine A. aus Treu und Glauben bei jedem Rechtsverhältnis dann, wenn der Berechtigte entschuldbarerweise über den Umfang seiner Berechtigung im Unklaren ist und der Verpflichtete darüber ohne Weiteres Auskunft erteilen kann. Für alle Auskunftspflichten bestimmt § 260 BGB, dass der über den Bestand eines Inbegriffs von Gegenständen zu Auskunft Verpflichtete dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestands vorzulegen hat. Im Einzelnen ist beispielsweise eine Frau nicht verpflichtet, in einem Einstellungsgespräch auf ihre Schwangerschaft hinzuweisen, gehört bei der Suche nach Urheberrechtsverletzungen zu der in § 809 BGB festgelegten Vorlagepflicht auch die Einsichtnahme in einen Rechner und ist der Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kinds gegen die Mutter auf Nennung des Namens des leiblichen Vaters nach § 888 I ZPO zu vollstrecken. Lit.: Lorenz, S., Auskunftsansprüche im bürgerlichen Recht, JuS 1995, 569; Grage, K., Das Auskunftsrecht des Aktionärs, 1999; Bienert-Nießl, R., Materiellrechtliche Auskunftspflichten im Zivilprozess, 2003 (Österreich)

, Familienrecht: Verpflichtung zur Abgabe von Erklärungen, die dem Empfänger die Rechtsverfolgung erleichtern können. Das Familienrecht kennt eine Reihe — in der Praxis sehr bedeutsamer Auskunftspflichten. So müssen nach § 1605 BGB Verwandte in gerader Linie auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen einander Auskunft erteilen, was im Hinblick auf Unterhaltsansprüche von Bedeutung ist (Verwandtenunterhalt). Dies gilt entsprechend nach § 1580 BGB für geschiedene Ehegatten, falls nachehelicher Ehegattenunterhalt geschuldet sein könnte. Die Auskunftspflicht besteht allerdings nur, soweit ohne sie der Unterhaltsanspruch nicht festgestellt werden kann, d. h. unterliegt der Erforderlichkeit. Steht mithin fest, dass Unterhalt unter keinem Gesichtspunkt infrage kommt, ist auch ein Auskunftsanspruch nicht anzuerkennen. Nach §§235, 236
FamFG unterliegen die beteiligten eines Unterhaltsverfahrens auch einer Auskunftspflicht gegenüber dem
Familiengericht. Wird dieser Verpflichtung nicht ausreichend Rechnung getragen, kann das Gericht sich die erforderlichen Informationen selbständig nach
§ 236 FamFG verschaffen, d. h. an Arbeitgeber, Versicherungsunternehmen und sogar das Finanzamt herantreten.
Schließlich muss jeder Ehegatte nach § 1379 Abs. 1
BGB nach der Beendigung des Güterstands dem Anderen Auskunft über den Bestand seines Endvermögens erteilen, damit eine Abwicklung des Zugewinnausgleichs möglich ist. Die Auskunftspflicht bezieht sich auch auf den Bestand des Anfangsvermögens, da die Möglichkeit eines negativen Anfangsvermögens geklärt werden muss.
Gehört zum Endvermögen ein Unternehmen, wird dessen innerer Wert maßgeblich durch die Ertragslage
bestimmt. Es besteht daher in solchen Fällen die Pflicht, dem auskunftsberechtigten Ehegatten Bilanzen nebst Gewinn-und-Verlustrechnungen vorzulegen, damit er die Ertragslage beurteilen kann.
Der auskunftsberechtigte Ehegatte kann die angesprochenen Unterlagen - abweichend zu der unterhaltsrechtlichen Beurteilung, bei der in der Regel ein Zeitraum von drei Jahren zugrunde gelegt wird - für einen Zeitraum von ftinfJahren verlangen.
Die Auskunftspflicht nach § 1379 BGB erstreckt sich schließlich noch auf Vorgänge, die nach § 1375 Abs. 2
BGB als illoyale Vermögensminderungen dem Endvermögen hinzuzurechnen sind. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass der Auskunftsberechtigte konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln i. S. des
§ 1375 Abs. 2 BGB vortragen kann, wobei an diesen Vortrag keine übertriebenen Anforderungen gestellt
werden dürfen. Steht beispielsweise fest, dass kurz vor dem Stichtag ein Grundstück veräußert worden ist, ohne dass sein Gegenwert im Endvermögen zu erkennen oder seine Verwendung erläutert ist, kann hierüber Auskunft verlangt werden.
Der Anspruch aus § 1379 BGB ist klagbar und nach § 888 ZPO auch vollstreckbar. Besteht der Verdacht,
dass das Verzeichnis nicht sorgfältig erstellt wurde, so kann der Gläubiger gem. §260 Abs. 2 BGB eine eidesstattliche Versicherung verlangen, wonach der Schuldner den Bestand nach bestem Wissen und vollständig wiedergegeben hat.
Die Klage auf Auskunft kann isoliert als selbstständige Familiensache erhoben werden, und zwar auch als
Stufenklage, die in der zweiten Stufe die Abgabe einer
eidesstattlichen Versicherung gern. § 260 Abs. 2 BGB begehrt. Da sie lediglich die Regelung von Scheidungsfolgen vorbereitet, wird sie nicht für den Fall der Scheidung erhoben und gehört deshalb nicht zum Scheidungsverbund. Der Anspruch auf Auskunft kann im Wege der Stufenklage aber auch zusammen mit
dem noch unbezifferten Zahlungsanspruch aus §1378 BGB rechtshängig gemacht werden (§254 ZPO). Da die Klage auf Auskunft die Verjährung nicht unterbricht, ist die Verbindung angezeigt, um den Gläubiger vor der Verjährung seiner Ausgleichsforderung zu bewahren. Wird die Klage auf Erfüllung der Ausgleichsforderung gern. § 137 FamFG Folgesache eines Scheidungsantrags, so ist die gesamte Stufenklage als Folgesache zu behandeln. Über den Auskunftsanspruch ist vorab durch Teilbeschluss, über Scheidung und Ausgleichsforderung im Endbeschluss zu befinden.
Diese Verfahrensgrundsätze gelten entsprechend für Auskünfte in Zusammenhang mit Unterhaltsansprüchen.
Polizeirecht: Pflicht zur Beantwortung eines nach den Vorschriften der Befragung zulässigen Auskunftsersuchens an einen Bürger. Sie unterliegt in den Landesgesetzen besonderen Voraussetzungen, wozu in der Regel gehört, dass das Schweigen auf die Befragung den Tatbestand einer konkreten Gefahr erfüllt. Auf die polizeiliche Generalklausel des Polizeirechts kann die Auskunftspflicht nicht gestützt werden, da das Schweigen ein Unterlassen darstellt, das nur dann eine Pflicht zum Tätigwerden begründet, wenn eine Rechtspflicht zur Auskunft besteht. Die Generalklausel setzt aber eine Pflicht zum Handeln voraus und kann sie nicht begründen (Polizeipflicht).
Über die gesetzliche Auskunftspflicht können nur Auskünfte ersucht, aber nicht Personalien ermittelt werden. Ansonsten würden die Anforderungen an eine Identitätsfeststellung umgangen.
Eine Auskunftspflicht entfällt, wenn der Betroffene nach den §§ 52-55 StPO das Zeugnis bzw. die Aussage verweigern kann. Die Polizei muss den Betroffenen über seine Rechte belehren und sie darf bei der Befragung nicht gegen die Grundsätze des § 136a StPO verstoßen.
Steuerrecht: Verpflichtung, im Rahmen der allgemeinen Mitwirkungspflicht im Besteuerungsverfahren auf Verlangen einer Finanzbehörde Angaben zu einem steuerlich relevanten Sachverhalt zu machen. Dabei kann es sowohl um eine spezielle Frage in einem Einzelfall gehen als auch um eine Ermittlung in einem komplexen, eine Vielzahl von Personen betreffenden Sachverhalt (z.B. Sammelersuchen an einen Finanzdienstleister betreffend solcher Geldtransaktionen seiner Kunden, die über CpD-Konten abgewickelte worden sind). Das Auskunftsersuchen muss für das Besteuerungsverfahren erforderlich sein: Zum einen darf nur ein für die deutsche Besteuerung relevanter Sachverhalt ermittelt werden. Zum anderen muss ein konkreter Anlass für ein Auskunftsersuchen bestehen. Es müssen also Anhaltspunkte für steuererhebliche Umstände vorliegen. Hierzu reicht es allerdings aus, wenn sich nach der allgemeinen Erfahrung möglicherweise aus einer Auskunft ergeben wird, dass der Sachverhalt bisher noch nicht zutreffend besteuert worden ist. Ausgeschlossen sind danach lediglich auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützte Auskunftsersuchen „ins Blaue hinein”.
Eine Besonderheit gilt bezüglich des Auskunftsersuchens an andere Personen als die beteiligten Steuerpflichtigen: Nach § 93 Abs. 1 S.3 AO sollen Dritte erst dann zur Auskunft angehalten werden, falls die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Von dieser Sollvorschrift darf die Finanzbehörde allerdings in atypischen Fällen abweichen. Grenzen der Auskunftspflicht ergeben sich aus den §§ 101-106 AO u. a. für Angehörige des Beteiligten und für Träger bestimmter Berufsgeheimnisse.

In einer Reihe von Fällen sieht das Gesetz zur Sicherung von Ansprüchen - insbes. auf Herausgabe von Sachinbegriffen - vor, dass der Verpflichtete über den Bestand des Anspruchs Auskunft zu erteilen hat, z. B. Ehegatte nach Beendigung des gesetzl. Güterstandes über Zugewinn, Vormund nach Beendigung der Vormundschaft über Mündelvermögen, Erbschaftsbesitzer gegenüber Erben usw. Darüber hinaus ergibt sich - abgesehen von einer etwaigen vertraglichen Regelung - eine A. aus Treu und Glauben als Nebenpflicht zu jedem anderen Rechtsverhältnis, sofern der Berechtigte über den Umfang seines Rechts entschuldbarerweise im Ungewissen ist und der Verpflichtete hierüber unschwer Auskunft erteilen kann (z. B. über den Wert eines Vermächtnisses, Umfang eines Schadensersatzanspruchs usw.). Die Auskunft ist durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses zu erteilen. Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete - außer bei Angelegenheiten von geringer Bedeutung - eine eidesstattliche Versicherung des Inhalts abzugeben, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei (§ 260 BGB; Stufenklage). Eine Vorlage von Belegen u. a. kann hier (anders bei Rechenschaftslegung) an sich nicht verlangt werden; doch besteht ein Anspruch auf Gestattung der Besichtigung von Sachen auf ihren Zustand und auf Einsicht in Urkunden, wenn der Berechtigte ein rechtliches Interesse hieran nachweisen kann, insbes. wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet ist oder wenn darin ein Rechtsverhältnis beurkundet ist, an dem der Berechtigte beteiligt ist (z. B. Schuldschein, Rechnung, nicht Handakten des Rechtsanwalts, str.; §§ 809, 810 BGB). S. Vorlegung von Sachen (A. bei Krankenpapieren), Raterteilung.




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