Vertrag
Zu einem Vertragsschluss gehören immer zwei Personen, die sich mit übereinstimmenden Willenserklärungen verpflichten, ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Bei einem Kaufvertrag verpflichtet sich der Käufer zur Übernahme der Sache und zur Bezahlung des Kaufpreises, der Verkäufer verpflichtet sich, dem Vertragspartner eine mängelfreie Sache zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen. Da die Voraussetzung für einen Vertrag zwei übereinstimmende Willenserklärungen sind, können Verträge dann, wenn anderes gewollt ist als das, was sich aus den Erklärungen ergibt, unter Umständen angefochten werden. Ist ein Vertrag geschlossen und bestehen auch keine Anfechtungsmöglichkeiten mehr, so sind die Verpflichtungen aus dem Vertrag einzuhalten.
Der Vertrag bildet die Grundlage des Privatrechts. Die im Privatrecht vorhandenen gesetzlichen Regelungen sind (abgesehen von wenigen zwingenden Vorschriften) nur der Rahmen, innerhalb dessen sich die Parteien frei bewegen können. Ihnen bleibt es fast immer überlassen zu entscheiden, ob und mit wem sie einen Vertrag abschließen wollen (Grundsatz der Vertragsfreiheit, nur in Ausnahmefällen beschränkt, zum Beispiel durch die Vorschrift, daß jeder Halter eines Kraftfahrzeugs eine Haftpflichtversicherung abschließen muß, wobei er sich aber immer noch die Versicherungsgesellschaft frei auswählen kann). Im Schuldrecht bleibt ihnen zusätzlich auch noch die Gestaltung des Vertragsinhalts weitgehend überlassen. Eigentlich ist es nur untersagt, Verträge abzuschließen, die gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten (§§ 134, 138 BGB) verstoßen. In den Beziehungen der Parteien zueinander tritt der Vertrag an die Stelle des Gesetzes, er ist das für diese Beziehungen geltende Gesetz (Parteiautonomie). Dabei geht der Gesetzgeber von einer Ebenbürtigkeit der vertragschließenden Parteien aus, die es jeder von ihnen ermöglicht, ihre Interessen beim Vertragsschluß durchzusetzen. Dies ist im Hinblick auf die bestehenden Ungleichheiten in der Gesellschaft (unterschiedliche wirtschaftliche Bedeutung der Parteien, mangelnde Geschäftserfahrung weiter Bevölkerungsschichten) weitgehend nur Theorie. Der Gesetzgeber und die Gerichte haben sich daher in immer stärkerem Umfang gezwungen gesehen, zugunsten der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsschichten in die Vertragsfreiheit einzugreifen (zum Beispiel bei Abzahlungsgeschäften oder bei der Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen). Ein Vertrag kommt grundsätzlich durch die Annahme eines -»Antrags zustande (Einigung oder Konsens). Decken sich diese beiden Willenserklärungen nicht vollständig, ist der Vertrag nicht zustande gekommen (Dissens, §§ 154f BGB). Dabei ist besonders darauf hinzuweisen, daß ein Vertrag auch wirksam ist, wenn er nur mündlich abgeschlossen worden ist, und daß er nur ausnahmsweise schriftlich oder vor einem Notar abgeschlossen werden muß (Formvorschriften). Entsteht Streit über den Inhalt eines Vertrages, so ist dieser vom Gericht so auszulegen, «wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern» (§ 157 BGB). Kommt eine Partei den im Vertrag übernommenen Verpflichtungen nicht nach, so liegt eine Vertragsverletzung vor, die unterschiedliche Rechtsfolgen haben kann. Hinzuweisen ist noch darauf, daß es auch im öffentlichen Recht und im Völkerrecht Verträge gibt, für die aber andere Regeln gelten.
ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das grundsätzlich durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme, §§145; 147 BGB) zustandekommt. Die Parteien müssen sich dabei über die wesentlichen Vertragsbestandteile, die essentialia negotii, einig sein (z.B. beim Kauf verkaufte Ware, Kaufpreis, Vertragspartner). Nicht nötig für das Zustandekommen ist eine Einigung über Nebenpunkte, die sog. accidentialia negotii.
Von der Art her sind zu unterscheiden:
einseitig verpflichtender V.. Hier trifft nur eine der Parteien eine vertragliche Pflicht. Beispiel ist der Schenkungsvertrag, §516 BGB und die Bürgschaft, § 765 BGB.
unvollkommen zweiseitiger Vertrag. Hier treffen zwar beide Vertragsparteien Pflichten, diese stehen jedoch nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis. Beispiel ist die Leihe, § 598 BGB, oder die unentgeltliche Verwahrung, § 688 BGB, wo die Rückgabepflicht gerade nicht den Charakter einer Gegenleistung hat.
gegenseitiger Vertrag. Bei diesem stehen die Leistungspflichten im Gegenseitigkeitsverhältnis, dem Synallagma. Typisches Beispiel ist der Kaufvertrag, wo gem. § 433 BGB das Eigentum gerade im Gegenzug zur Bezahlung des Kaufvertrages verschafft wird.
. 1. Privatrechtlicher Vertrag. V. ist ein Rechtsgeschäft, bei dem die Rechtsfolge durch übereinstimmende Willenserklärungen zweier (oder mehrerer) Personen herbeigeführt wird,
a) Zustandekommen. Der V. kommt durch Antrag (Angebot, Offerte) u. Annahme des Antrags durch den Vertragsgegner zustande. Solange sich die Parteien nicht über alle Punkte geeinigt haben, ist im Zweifel der V. nicht geschlossen (Dissens). Der Antrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die so bestimmt sein muss, dass die blosse Zustimmung des anderen Teils zur Einigung der Parteien führt. Ausdrückliche Erklärung ist nicht erforderlich, schlüssiges Handeln genügt (z. B. Aufstellung eines Automaten). Der Anbietende ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit - etwa durch eine Freizeichnungsklausel - ausgeschlossen hat (§ 145 BGB). Die Offerte erlischt, wenn sie abgelehnt oder nicht innerhalb einer bestimmten Frist angenommen wird (§ 146 BGB). Diese Frist bestimmt das Gesetz wie folgt (§§ 147ff.): Unter Anwesenden kann die Offerte nur sofort angenommen werden (Gleiches gilt für einen telefonisch unterbreiteten Antrag), unter Abwesenden nur solange, als der Anbietende unter regelmässigen Umständen mit dem Eingang der Antwort rechnen darf. Hat der Antragende eine Frist gesetzt, kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen. Eine verspätete Annahme - wie auch eine Annahme mit Änderungen - gilt als neuer Antrag. Ist die verspätete Annahme rechtzeitig abgesandt worden u. musste der Anbietende das erkennen, so hat er die Verspätung dem anderen Teil unverzüglich anzuzeigen; andernfalls gilt der Vertrag als geschlossen. Grundsätzlich muss die Annahme dem Anbietenden gegenüber erklärt werden; das kann auch stillschweigend, durch schlüssiges Verhalten, geschehen. Ausnahmsweise ist die Erklärung dem Antragenden gegenüber entbehrlich, und zwar dann, wenn sie nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn der Anbietende darauf verzichtet hat. Zu beachten ist, dass auch in diesen Fällen eine Annahmeerklärung als solche notwendig ist; es wird nur vom Zugangserfordernis abgesehen. Schweigen allein führt grundsätzlich nicht zur Annahme der Offerte (zu Besonderheiten Schweigen im Rechtsverkehr). Im täglichen Leben werden vielfach Leistungen der Daseinsvorsorge (Gas, Wasser, Elektrizität, öffentliche Verkehrsmittel, Parkplätze) ohne ausdrückliche Vereinbarung in Anspruch genommen. Doch liegt nach h. M. auch in diesen Fällen ein auf Willenserklärungen beruhender Vertragsschluss vor: Wer eine Strassenbahn besteigt oder einen Parkplatz benutzt, nimmt durch schlüssiges Verhalten das auf entgeltliche Beförderung bzw. gebührenpflichtiges Parken zielende Angebot des anderen Vertragsteils an; ein geheimer Vorbehalt der Zahlungsunwilligkeit bleibt unbeachtlich (§116 BGB). Nach anderer Ansicht handelt es sich in diesen Fällen um faktische Vertragsverhältnisse, die allein durch tatsächliches Handeln ("sozialtypisches Verhalten") zustande kommen. Zu Fehlern beim Zustandekommen des V. Rechtsgeschäft, zu Leistungsstörungen im Vertragsverhältnis Schuldverhältnis,
b) Arten des Vertrages. V. gibt es in allen Rechtsgebieten. Besondere Bedeutung hat der V. im Schuldrecht. Dort dient er vorrangig der Begründung eines Schuldverhältnisses (Verpflichtungsvertrag, obligatorischer V.), und zwar als einseitig verpflichtender V. (z.B. Schenkung, Bürgschaft), als unvollständig zweiseitig verpflichtender V. (z. B. Auftrag, Leihe) oder - meist - als gegenseitiger V., bei dem die beiderseitigen Leistungsverpflichtungen voneinander abhängen (z. B. beim Kaufvertrag Verpflichtung des Verkäufers, die verkaufte Sache zu übergeben u. zu übereignen, gegen die Verpflichtung des Käufers, den Kaufpreis zu zahlen). Daneben sind im Schuldrecht, vor allem aber im Sachenrecht Verfligungsverträge geläufig (z. B. Abtretung einer Forderung, Eigentumsübertragung). Auch das Familienrecht u. das Erbrecht kennen V. (z. B. Ehevertrag zur Regelung des ehelichen Güterstandes, Erbvertrag zum Zweck letztwilliger Verfügung). Entsprechend der Differenzierung bei den Rechtsgeschäften ist zwischen abstrakten u. kausalen V. zu unterscheiden. Man kann ferner entgeltliche u. unentgeltliche V. gegenüberstellen (entgeltlich z.B. Kauf, unentgeltlich z.B. Schenkung). V. sind grundsätzlich formfrei. Doch ist verschiedentlich Schriftform (z.B. bei Mietverträgen für den Zeitraum von mehr als einem Jahr, § 566 BGB), in einigen Fällen notarielle Beurkundung (z. B. Grundstückskaufvertrag, § 313 BGB) erforderlich. Dem eigentlichen Vertrag kann ein Vorvertrag vorausgehen, der zum späteren Abschluss des Hauptvertrages verpflichtet. - Eine Besonderheit unter den V. stellt der V. zugunsten Dritter dar, bei dem der Schuldner verpflichtet wird, nicht an den Gläubiger, sondern unmittelbar an den Dritten zu leisten (z.B. zwischen Krankenhausträger u. Krankenkasse zugunsten des Patienten). Zu unterscheiden sind der echte V. zugunsten Dritter, durch den letzterer unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern (§ 328 BGB), u. der unechte V. zugunsten Dritter, bei dem allein der Gläubiger berechtigt ist, die Leistung an den Dritten zu verlangen (vgl. § 329 BGB). In der Praxis wichtiger ist der V. mit Schutzwirkung für Dritte. Hier steht zwar die Leistung als solche ausschliesslich dem Gläubiger zu; der Dritte ist aber derart in die vertraglichen Sorgfalts- u. Obhutspflichten des Schuldners einbezogen, dass er bei deren Verletzung nicht auf einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung beschränkt ist, sondern einen vertraglichen Schadensersatzanspruch geltend machen kann. So besteht z. B. beim Mietvertrag eine Schutzwirkung zugunsten der zur Hausgemeinschaft des Mieters gehörenden Personen. - Für die Begründung eines Schuldverhältnisses gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit als wichtigster Ausprägung der Privatautonomie. Die Vertragsfreiheit bezieht sich sowohl auf den Abschluss wie auch auf die inhaltliche Gestaltung des V. Daher sind die im besonderen Teil des Schuldrechts des BGB vorgegebenen Vertragstypen (Kauf, Schenkung, Miete usw.) nicht zwingend. Die Parteien können also auch V. abschliessen, die davon gänzlich abweichen (atypische V., z. B. Garantievertrag) oder Bestandteile verschiedener Vertragstypen miteinander verbinden (gemischte V., z. B. Beherbergungsvertrag mit dem Hotel, der u. a. Elemente des Mietvertrags [Zimmer], des Dienstvertrages [z. B. Reinigung des Zimmers] u. des Kaufvertrags [Frühstück] enthält). Bei einem gemischten V. gilt, sofern nicht ein Vertragstyp eindeutig dominiert, i. d. R. das für den jeweiligen Vertragsbestandteil massgebliche Recht. - Die Vertragsfreiheit ist nicht unbeschränkt. So unterliegen Monopolbetriebe (Post, Eisenbahn, Krankenhäuser, Versorgungsbetriebe usw.) einem Abschlusszwang (Kontrahierungszwang); der Kunde kann bei Verweigerung des Vertragsabschlusses auf Annahme seiner Offerte klagen. Auch die Freiheit der inhaltlichen Gestaltung des V. stösst auf Grenzen, die der Gesetzgeber aus sozial- u. ordnungspolitischen Erwägungen gezogen hat (z. B. im Mietrecht, bei Allg. Geschäftsbedingungen, im Wettbewerbsrecht). Überdies wirken die Grundrechte u. die tragenden Verfassungsprinzipien (z. B. das Sozialstaatsgebot) über die Generalklauseln des BGB (Verbot der Sittenwidrigkeit, §§ 138, 826; Wahrung von Treu u. Glauben §242) in das Privatrecht hinein; sie verpflichten die Rechtsprechung, Missbräuchen der Vertragsfreiheit entgegenzuwirken u. zu verhindern, dass dem sozial Schwächeren durch Wirtschafts- oder Verbandsmacht die Vertragsbedingungen aufgezwungen werden. Der vertraglichen Gestaltungsfreiheit sind ausserdem vielfach durch öfftl.-rechtliche Genehmigungsvorbehalte (z. B. bei Grundstücksverkehrsgeschäften) Grenzen gezogen.
2. Öffentlich-rechtlicher (verwaltungsrechtlicher) Vertrag. Ein öfftl.- rechtlicher (ör.) V. ist auf die Begründung, Änderung oder Aufhebung eines ör. Rechtsverhältnisses gerichtet (zur Abgrenzung zwischen öffentlichem u. privatem Recht Recht). Er ist zulässig, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 VwVfG)! Meist dient er dazu, ein Rechtsverhältnis zwischen Behörde u. Bürger einvemehmlich - statt durch einseitigen Verwaltungsakt - zu regeln. Diese sog. subordinationsrechtlichen V. verknüpfen vielfach Leistung der Verwaltung u. Gegenleistung des Bürgers miteinander (z. B. Befreiung von der Verpflichtung zum Garagenbau gegen Zahlung einer Ablösesumme). Ein solcher Austauschvertrag (§ 56 VwVfG) kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck vereinbart wird u. der Behörde zur Erfüllung ihrer öfftl. Aufgaben dient. Die Gegenleistung muss angemessen sein u. in sachlichem Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen; andernfalls verstösst der ör. V. gegen das sog. Koppelungsverbot. Hat der Bürger einen Anspruch auf die Leistung, darf eine Gegenleistung nur vereinbart werden, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie erst die gesetzlichen Voraussetzungen für die behördliche Leistung schafft. Der ör. V. bedarf grundsätzlich der
- Schriftform (§ 57 VwVfG). Er ist nichtig (§ 59 VwVfG), wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des BGB ergibt (z. B. §§ 134,138), wenn ein Verwaltungsakt entsprechenden Inhalts nichtig wäre oder wenn ein solcher Verwaltungsakt rechtswidrig wäre u. dies den Vertragsparteien bekannt war. Auch der Verstoss gegen das Koppelungsverbot fuhrt zur Nichtigkeit. Eine Aufhebbarkeit des ör. V. analog zur Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten gibt es hingegen grundsätzlich nicht; allerdings kann der V. bei wesentlicher Änderung der für seinen Abschluss massgebenden Verhältnisse angepasst, ggf. auch gekündigt werden (§ 60 VwVfG). Geschäftsgrundlage.
Mit einem Vertrag kommt ein Rechtsgeschäft zwischen mindestens zwei Personen zustande.
Darin werden die Rechte und Pflichten der Parteien verbindlich festlegt. Das Rechtsinstrument des Vertrags gibt es in fast allen Rechtsgebieten.
Zustandekommen des Vertrags
Voraussetzung dafür, dass ein Vertrag zustande kommt, ist zunächst ein Angebot, der Vertragsantrag, der von einer Seite ausgeht. Der andere Beteiligte muss dann dieses Angebot annehmen — Vertragsannahme.
Sowohl beim Angebot als auch bei der Annahme handelt es sich um Willenserklärungen. Damit der Vertrag mit dem von den Parteien gewollten Inhalt zustande kommt, müssen diese Willenserklärungen übereinstimmen, und zwar in allen für den Vertrag wesentlichen Punkten.
Weichen die Vorstellungen beider Vertragspartner voneinander ab, so kommt kein Vertrag zustande. Solange sich die Parteien nicht über alle Punkte — also eventuell auch über Neben-abreden — geeinigt haben, gilt ein Vertrag im Zweifel als nicht geschlossen; man spricht dann von offenem Einigungsmangel. Haben die Parteien beim Vertragsabschluss einen wichtigen Punkt übersehen — versteckter Einigungsmangel —, so gilt der Vertrag nur dann, wenn anzunehmen ist, dass sie den Vertrag auch ohne diesen Punkt geschlossen hätten.
Die Wirksamkeit der von den Vertragspartnern abgegebenen Willenserklärungen, also von Angebot und Annahme, hängt auch davon ab, ob die Erklärenden geschäftsfähig sind. Ab der Vollendung des 18. Lebensjahres ist jeder Mensch geschäftsfähig, kann also einen Vertrag schließen. Bei Minderjährigen, die das siebte, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, liegt beschränkte Geschäftsfähigkeit vor, d.h., ein solcher Minderjähriger braucht zu einer Willenserklärung, also auch zum Abschluss eines Vertrags, die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, z.B. der Eltern. Willigt der gesetzliche Vertreter nicht ein, so kommt mit dem Minderjährigen auch kein Vertrag zustande.
Eine Ausnahme bildet der so genannte Taschengeldparagraph — §110 BGB —, nach dem der Minderjährige auch ohne Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters einen Vertrag schließen kann, wenn er seinen Teil des Vertrags mit Mitteln bewirkt, die ihm gerade zu diesem Zweck überlassen wurden. Das bedeutet: Auch ein zehnjähriges Kind kann kleinere Einkäufe für sich tätigen, ohne die Einwilligung der Eltern nachreichen zu müssen.
Geschäftsunfähige, also Kinder unter sieben Jahren, Geisteskranke, Bewusstlose oder Volltrunkene, können keinen Vertrag abschließen, ihre Willenserklärungen sind nichtig.
Geschäftsfähigkeit
Sittenwidrige und nichtige Verträge
Prinzipiell können die Parteien den Inhalt des von ihnen geschlossenen Vertrags frei gestalten. § 134 BGB bestimmt jedoch, dass ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, beispielsweise ein Kaufvertrag über gestohlene Ware. Gleiches gilt auch bei Verträgen, die zur Umgehung gesetzlicher Verbote geschlossen werden.
Darüber hinaus sind gemäß § 138 BGB Verträge nichtig, wenn sie gegen die guten Sitten verstoßen. Die guten Sitten im Sinn dieser Vorschrift sind dann verletzt, wenn das Rechtsgeschäft nach seinem Inhalt, Beweggrund oder Zweck gegen das Anstandsgefühl aller "billig und gerecht Denkenden" verstößt. Danach ist ein Rechtsgeschäft insbesondere dann sittenwidrig und mithin nichtig, wenn jemand dadurch unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu ebendieser Leistung stehen. Nach diesen Bestimmungen ist z. B. ein Vertrag, in dem für ein Darlehen Wucherzinsen verlangt werden, nichtig.
Formen von Verträgen
Die prinzipielle Vertragsfreiheit, die sich auf Abschluss und Inhalt eines Vertrags bezieht, gilt auch für die Begründung von Schuldverhältnissen. Dabei können die Parteien jedoch von den im Gesetz geregelten Schuldverhältnissen, die etwa durch Kaufvertrag, Mietvertrag oder Werkvertrag festgelegt sind, abweichen und auch verschiedene Vertragstypen kombinieren — gemischte Verträge — bzw. im Gesetz nicht geregelte speziell auf sie zugeschnittene Verträge "erfinden" und abschließen, beispielsweise einen Automatenaufstellvertrag, Franchise-Vertrag, Software-Vertrag usw.
Jedoch findet auch hier der Grundsatz der Vertragsfreiheit seine Grenzen in den allgemeinen Verboten der Gesetzeswidrigkeit — §134 BGB — und der Sittenwidrigkeit — § 138 BGB.
Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Vertragsfreiheit stellt auch der so genannte Abschlusszwang dar, den es im Bereich der Grundversorgung mit Strom, Gas und Wasser gibt.
Anfechtung von Verträgen
Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war, indem er etwa Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung nicht erfasst hat, oder wer eine Erklärung des betreffenden Inhalts eigentlich gar nicht abgeben wollte, d.h. sich versprochen oder verschrieben hat, der hat das Recht, seine Willenserklärung und damit den gesamten Vertrag anzufechten. Wenn man sich bei Vertragsabschluss im Irrtum über so genannte verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache, z. B. über die Echtheit eines Bildes, befand, kann man einen Vertrag, z. B. einen Kaufvertrag, ebenfalls anfechten. Durch diese Anfechtungserklärung, die gegenüber dem Vertragspartner abzugeben ist, wird der Vertrag von Anfang an als nichtig angesehen. Allerdings muss sie unverzüglich erfolgen. Auch wer durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt wurde, kann diese und damit den geschlossenen Vertrag anfechten. In diesem Fall beträgt die Anfechtungsfrist ein Jahr.
Nicht zur Anfechtung berechtigt hingegen ein so genannter Motivirrtum, also ein Irrtum, der auf falscher Erwartung, enttäuschter Hoffnung oder einem Berechnungsfehler beruht.
§§ 119, 123, 124, 142 BGB
Siehe auch Anfechtung
Welche Verträge bedürfen der Schriftform?
Grundsätzlich kann man Verträge jeder Art mündlich abschließen. Bei bestimmten Verträgen verlangt das Gesetz jedoch die schriftliche Form:
* Bürgschaftserklärung des Bürgen beim Bürgschaftsvertrag
* Kredit- bzw. Kreditvermittlungsverträge
* Mietverträge über Grundstücke, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden
* Verträge nach dem Verbraucherkreditgesetz
* Tarifverträge
* Gebührenvereinbarungen mit Rechtsanwälten
* Die Erklärung des Versprechenden beim Schuldversprechen
Bei einigen Verträgen verlangt das Gesetz nicht nur die Schriftform, sondern sogar die notarielle Beurkundung, so beispielsweise beim Schenkungsversprechen, beim Erbvertrag und beim Kaufvertrag über ein Grundstück. Zu den Letztgenannten gehören übrigens auch Eigentumswohnungen.
ist das zweiseitige Rechtsgeschäft, das grundsätzlich durch zwei sich deckende bzw. einander wechselseitig entsprechende Willenserklärungen (Antrag, Annahme) zustande kommt (vgl. §151 S. 1 BGB). Deshalb ist der sog .faktische V., bei dem lediglich tatsächliches Handeln vorliegt, kein V. Der V. kann entweder einseitig verpflichtender V. (nur eine der beiden Seiten verpflichtender V. wie z. B. Schenkung), unvollkommen zweiseitig verpflichtender V. (z. B. Auftrag) oder vollkommen zweiseitig verpflichtender d. h. gegenseitiger V. (z. B. Kauf) sein. Dabei ist unvollkommen zweiseitig verpflichtender V. ein V., bei dem zwar beide Parteien einander zu Leistungen verpflichtet sein können, diese aber nicht gleichgewichtig (gegenseitig, synallagmatisch) sind (z. B. muss der Auftragnehmer den - unvollkommen zweiseitig verpflichtenden - Auftrag ausführen, doch muss der Auftraggeber kein Entgelt leisten, sondern nur für den Fall von Aufwendungen des Auftragnehmers diese dem Auftragnehmer gegebenenfalls erstatten). Gegenseitiger (vollkommen zweiseitig verpflichtender) V. ist der V., bei dem sich die beiderseits notwendigerweise erwachsenden Verpflichtungen in der Weise gegenüberstehen, dass jede Leistung gerade um der Gegenleistung willen versprochen ist (z. B. Eigentumsverschaffung und Kaufpreiszahlung). Für den gegenseitigen V., bei dem der Gläubiger der einen Leistung Schuldner der Gegenleistung und der Schuldner der einen Leistung Gläubiger der Gegenleistung ist, gelten Sonderregeln (§§ 320 ff. BGB, Einrede des nichterfüllten Vertrags, Verurteilung zur Leistung Zug um Zug, Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung, Befreiung von der Gegenleistung). Der V. kann einem gesetzlich geregelten Vertragstyp entsprechen (z. B. Kauf) oder gemischter (oder gekoppelter oder zusammengesetzter) V. (oder theoretisch auch völlig neuartiger V.) sein, wobei sich das auf den gemischten V. anwendbare Recht nur nach der Hauptleistung (Absorptionstheorie) oder nach dem jeweils betroffenen Vertragsteil (Kombinationstheorie) oder nach dem Schwerpunkt des einzelnen Geschäfts (Schwerpunkttheorie) bestimmt. Der V. kann sich auf die beteiligten Parteien beschränken oder auch auf Dritte erstrecken. Dabei ist ein V. zu Lasten Dritter auf Grund der Privatautonomie nicht möglich, wohl aber ein V. zu Gunsten Dritter. Dieser kann schützender, ermächtigender oder berechtigender V. zu Gunsten Dritter sein. Berechtigender V. zu Gunsten Dritter (echter V. zu Gunsten Dritter, § 328 I BGB) ist der V., durch den eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen wird, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern (z. B. Bezugsberechtigter in der Lebensver- Sicherung, § 330 BGB). Ermächtigender V. zugunsten Dritter (unechter V. zugunsten Dritter) ist der V., bei dem der Schuldner zwar an einen Dritten zu leisten ermächtigt ist, dieser aber keinen Anspruch auf die Leistung hat (z. B. Erfüllungsübemahme § 329 BGB). Schützender V. zugunsten Dritter (V. mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, §311 III BGB) ist der Vertrag, bei dem zwar die Leistung allein an den Gläubiger zu erbringen ist, der Schuldner aber gegenüber bestimmten Dritten, die in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nehmen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflussen bzw. die typischerweise mit der Leistung in Berührung kommen (Leistungsnähe) und denen der Gläubiger zu Fürsorge verpflichtet ist (Fürsorgepflicht), Verhaltenspflichten hat, bei deren Verletzung er, wenn er diese Umstände erkennen konnte, dem Verletzten zu Schadensersatz verpflichtet ist (z. B. Mietvertrag oder Werkvertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten der Ehefrau des Mieters oder Bestellers, Vertrag über ein Gutachten zur Grundstückswertermittlung mit Schutzwirkung zu Gunsten einer namentlich nicht bekannten Vielzahl privater Kapitalanleger, Arztbehandlungsvertrag einer Schwangeren zu Gunsten des nichtehelichen Schwängerers). Öffentlich-rechtlicher (verwaltungsrechtlicher) V. (§ 54 VwVfG) ist der V., in dem mindestens eine zu regelnde Rechtsbeziehung dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist (z. B. Verpflichtung zur Vorauszahlung von Erschließungsbeiträgen). Entscheidend ist dabei der Vertragsgegenstand. Demnach ist der Vertrag öffentlich-rechtlich, wenn er notwendigerweise Rechtsbeziehungen zu einem Träger öffentlicher Gewalt begründet, ändert oder aufhebt. Er kann auch zwischen Rechtssubjekten des Privatrechts geschlossen werden (z. B. Enteignungsvertrag nach dem BauGB). Der öffentlich-rechtliche V. ist koordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher V., wenn die Beteiligten grundsätzlich gleichgeordnet sind (z. B. zwei Gemeinden) und subordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher V., wenn die Beteiligten in einem Überordnungsverhältnis und Unterordnungsverhältnis zueinander stehen (z. B. Staat, Bürger) und die Behörde - statt einen Vertrag zu schließen - auch einen Verwaltungsakt erlassen könnte. Völkerrechtlicher V. ist der zwischen Subjekten des Völkerrechts abgeschlossene V., der meist durch Verhandlung, Paraphierung, Zustimmung, Ratifizierung und Austausch oder Hinterlegung von Ratifizierungsurkunden zustande kommt. Lit.: Münchener Vertragshandbuch, Bd. 1 ff. 5. A. 2000 f.; Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts-, Bank- und Transportrecht, hg. v. Hopt, K., 3. A. 2007; Reithmann, C./Albrecht, A., Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, 7. A. 1995, 8. A. 2001; Bernstorff, C. Graf v., Vertragsgestaltung im Auslandsgeschäft, 5. A. 2002; Grziwotz, H., Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht, 2002; Papst, R., Die Fortentwicklung des Vertrages mit Schutzwirkung, 1999; Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke (Lbl.), hg. v. West- phalen, F. Graf v., 19. A. 2007; Langenfeld, G., Vertragsgestaltung, 3. A: 2004; Baldus, B., Der elektronisch geschlossene Vertrag, 2004; Schmittat, K., Einführung in die Vertragsgestaltung, 2. A. 2005; Stummel, D. , Standardvertragsmuster zum Handels- und Gesellschaftsrecht Deutsch-Englisch, 3. A. 2006
mehrseitiges Rechtsgeschäft, das durch einander entsprechende Willenserklärungen der Beteiligten zustande kommt und eine die Beteiligten rechtlich bindende Einigung enthält. Der — von den Beteiligten frei auszuhandelnde und abzuschließende — Vertrag ist wesentliches Mittel einer privatautonomen Lebensgestaltung (Privatautonomie) durch eigenverantwortliche Rechtssetzung.
Der Vertragsbegriff des BGB umfasst alle privatrechtlichen Einigungen. Von besonderer Bedeutung ist er im Schuldrecht (Schuldverträge, vgl. § 311 Abs. 1 BGB), doch kommen Verträge auch im Sachenrecht (insbes. die Einigung, §§ 873, 929 BGB), im Familienrecht (z.B. Ehevertrag, §§ 1408 ff. BGB) und im Erbrecht (z. B. Erbvertrag, §§ 1941, 2274 ff. BGB; Erbverzichts-vertrag, § 3 2346 ff. BGB) als Regelungsinstitut vor. Das BGB regelt daher den Vertragsschluss im Allgemeinen Teil (§§ 145-157 BGB).
Abgeschlossen wird der Vertrag durch einander entsprechende Willenserklärungen der Beteiligten, dem Antrag auf Abschluss eines Vertrages und der Annahme dieses Antrages. Mit wirksamem Abschluss sind die Beteiligten an die Einigung gebunden („pacta sunt servanda” = „Verträge mit zu erfüllen”, Durchbrechungen ergeben sich aus gesetzlichen Widerrufsrechten für bestimmte Verbraucherverträge,
vgl. §§312ff., 485, 495, 500, 501, 505, 355ff. BGB,
und in bestimmten Fällen der Leistungserschwerung, vgl. § 275 Abs. 2, 3 BGB). Inhalt und Wirkungen des Vertrages richten sich grundsätzlich nach der getroffenen Einigung.
Vertragsauslegung, Rechtsgeschäft, fehlerhaftes
1.
Die Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft geschieht regelmäßig durch V. (§ 311 I BGB). Ein V. ist ein i. d. R. zweiseitiges Rechtsgeschäft, bei dem durch mindestens zwei übereinstimmende Willenserklärungen ein rechtlicher Erfolg erzielt werden soll (Vertragswille). Der V. kommt demnach grundsätzlich durch den Antrag (Angebot) der einen Seite - Vertragsantrag, Offerte - und durch die (vorbehaltlose, s. u.) Annahme dieses Antrags durch den anderen Beteiligten - Vertragsannahme, Akzept - zustande. Ein V.antrag liegt in jedem genügend bestimmten Angebot einer Leistung, dem der erforderliche rechtliche Bindungswille zugrundeliegt (z. B. Aufstellung eines Automaten, Zusendung unbestellter Waren zum Kauf, unbestellte Lieferung). Zu unterscheiden hiervon ist die bloße Aufforderung, seinerseits ein V.angebot abzugeben - sog. invitatio ad offerendum -, bei der wegen fehlenden Bindungswillens ein Antrag noch nicht vorliegt (z. B. Inserat in einer Zeitung). Der Anbietende ist an seinen V.antrag gebunden, sofern er nicht die Gebundenheit durch eine Freizeichnungsklausel o. dgl. - z. B. „Lieferung freibleibend“, „ohne Obligo“ - ausgeschlossen hat (§ 145 BGB; Grenze für kurzfristige Preiserhöhungen: § 309 Nr. 1 BGB; Bindung aber, wenn die andere Seite das „freibleibende“ Angebot angenommen hat). Der Antrag erlischt, wenn er dem Anbietenden gegenüber abgelehnt oder nicht rechtzeitig - s. u. - angenommen wird (§ 146 BGB).
Die V.annahme muss regelmäßig dem Antragenden gegenüber erklärt werden; sie kann auch stillschweigend erfolgen (z. B. durch Verzehr der zugesandten unbestellten Ware). Der V. kommt ausnahmsweise auch ohne ausdrückliche Erklärung der - stets erforderlichen - Annahme zustande, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat (§ 151 BGB). Durch bloßes Nichtstun (Schweigen) kann eine Annahme regelmäßig nicht erklärt werden. Ein Kaufmann, der einen Antrag auf Geschäftsbesorgung von jemand erhält, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, ist jedoch verpflichtet, hierauf unverzüglich zu antworten; sein Schweigen gilt als Annahme des Antrags (§ 362 HGB). Zum Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben s. dort. Ein Irrtum über die Bedeutung des Schweigens berechtigt nicht zur Anfechtung des V. Hat der Antragende für die V.annahme eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb dieser Frist erfolgen (§ 148 BGB). Sonst kann regelmäßig der einem Anwesenden (auch telefonisch) gemachte Antrag nur sofort, der einem Abwesenden gemachte Antrag bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (§ 147 BGB). Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag; eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag (§ 150 BGB). Bei einer Versteigerung gilt das Gebot als V.antrag (Bindung nur bis zur Abgabe eines Übergebots), der Zuschlag als V.annahme (§ 156 BGB). Zur EBay-Versteigerung s. a. Fernabsatzvertrag.
Die Willenserklärungen beider Seiten müssen sich inhaltlich vollständig decken (Konsens). Solange sich die Parteien nicht über alle Punkte, d. h. auch über Nebenabreden, geeinigt haben oder z. B. die vorgesehene Beurkundung noch nicht vorgenommen wurde, ist im Zweifel der V. noch nicht geschlossen (offener Dissens, § 154 BGB). Liegt dagegen ein versteckter Einigungsmangel - sog. versteckter Dissens - vor (die Parteien haben einen Punkt übersehen, sich verlesen oder objektiv mehrdeutige Erklärungen abgegeben, die sich zwar äußerlich decken, inhaltlich aber von jeder Seite verschieden ausgelegt werden, z. B. Verkauf eines Grundstücks „rechts von der Straße“), so gilt der V. nur, sofern anzunehmen ist, dass er auch ohne Einigung über diesen - unwesentlichen - Punkt geschlossen worden wäre (§ 155 BGB). Der versteckte Dissens ist zu unterscheiden von der bloß falschen Bezeichnung des V.sgegenstands (sog. falsa demonstratio; z. B. beide Seiten meinen dasselbe Grundstück, geben aber eine falsche Flurstücksnummer an; hier gilt uneingeschränkt das wirklich Gewollte), vom Irrtum einer Seite über den Inhalt ihrer Erklärung und vom (unbeachtlichen) geheimen Vorbehalt einer Seite, das Erklärte in Wirklichkeit nicht zu wollen (§ 116 BGB).
2.
Für die Begründung von Schuldverhältnissen gilt der Grundsatz der V.freiheit, d. h. sowohl der Abschluss als auch der Inhalt eines V.s unterliegen grundsätzlich der freien Parteibestimmung. Die im besonderen Teil des Schuldrechts geregelten Schuldverhältnisse (z. B. Kaufvertrag, Mietvertrag usw.) sind nur typische Beispiele; die Parteien können ihre Beziehungen grundsätzlich frei gestalten, von den geregelten Bestimmungen abweichen (sog. atypischer Vertrag) oder V.typen kombinieren. So ist z. B. der sog. Krankenhausv. eine Mischung aus Dienstv. (Behandlung), Miete (Bett), Kauf (Verpflegung) usw. Für die rechtliche Behandlung dieser sog. gemischten V. gilt nur bei klarem Dominieren eines V.typs dessen Recht (Absorptionsgrundsatz, z. B. Kaufrecht bei einem Erwerb von Speisen in einem Gasthaus; die Beherbergung tritt als bloße Nebenpflicht zurück); sonst ist das anzuwendende Recht dem jeweils einschlägigen V.typ direkt oder analog zu entnehmen (Kombinationsgrundsatz). Über verbundene V. Verbrauchervertrag (4), Kreditvertrag (4).
Daneben haben sich im Wirtschaftsleben weitere, im BGB nicht geregelte sog. verkehrstypische V. herausgebildet, s. z. B. Leasingv., Factoringv., Automatenaufstellv., Baubetreuungsv., Vertragshändlerv., Belegarztvertrag, Franchisev., Filmbezugsv.; s. a. Software. Die Parteiautonomie findet ihre Grenzen vor allem in den Vorschriften des öffentlichen Rechts (Genehmigungszwang u. dgl.), aber auch im Zivilrecht durch bestimmte zwingende Regelungen (besonders im Sachenrecht und Erbrecht) sowie durch die allgemeinen Verbote der Gesetzwidrigkeit (§ 134 BGB) und der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB).
Darüber hinaus ist die V.freiheit in folgenden Fällen eingeschränkt: Es kann zwar der Abschluss des V. den Parteien freigestellt bleiben, der Inhalt des V. ist jedoch gesetzlich festgelegt (sog. normierter V., z. B. Festsetzung von Höchstpreisen und -mieten). Ferner kann einer Partei gesetzlich die Pflicht zur Annahme eines V.angebots auferlegt sein. Einem solchen Abschluss- oder Kontrahierungszwang unterliegen insbes. Monopolbetriebe (z. B. Lieferung von Elektrizität, Wasser usw., Verbände mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich, nicht aber z. B. Spielbank). Bei Ablehnung des V.angebots kommt hier zwar kein V. zustande; sie macht aber schadensersatzpflichtig. Schließlich kann ein V. oder v.ähnliches Verhältnis auch durch Hoheitsakt geschaffen werden (sog. diktierter V., z. B. bei einer Zuweisung von Hausrat nach der Ehescheidung; Hausratsverordnung). Einen praktisch großen Einfluss auf den Inhalt abzuschließender Verträge üben vorgefertigte Formular- oder Typenverträge (z. B. Mustermietvertrag) und im Geschäftsleben insbes. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus. S. a. sozialtypisches Verhalten und zum sog. elektronischen V. Internethandel.
3.
Außer im Schuldrecht spielt der V. auch auf anderen Rechtsgebieten eine Rolle, z. B. im ehelichen Güterrecht (Ehev.), im Erbrecht (Erbvertrag), aber auch im öffentlichen Recht (Vertrag, öffentlich-rechtlicher). Der Schuldvertrag ist - anders als die genannten V. - grundsätzlich formlos; mündliche Abrede ist daher grundsätzlich ausreichend (Verbalkontrakt). Für einige V. schreibt das Gesetz jedoch eine bestimmte Form vor, so die Schriftform (z. B. für langdauernde Grundstücksmietsverträge, für das Bürgschaftsversprechen) oder die notarielle Beurkundung (insbes. für die Verpflichtung zur Übertragung des gesamten Vermögens und für einen Grundstückskaufv.). Bereits mit dem Eintritt in V.verhandlungen (auch schon vor Abgabe eines Angebots) entsteht zwischen den Beteiligten ein v.ähnliches Vertrauensverhältnis, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Sorgfalt und bei deren schuldhafter Verletzung zu einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschuldens beim V.schluss führt (culpa in contrahendo). Über bloße derartige Vorverhandlungen hinaus geht der Vorv. Dieser ist bereits ein echter V., aus dem sich die (erzwingbare) Pflicht zum Abschluss des Hauptv. ergibt. Der Vorv. bedarf regelmäßig der gleichen Form wie der Hauptv. Der einseitige Vorv. wird Option genannt (s. a. Vorkaufsrecht, Ankaufsrecht).
4.
Beim V. sind ferner der Verpflichtungsv. (obligatorischer V., z. B. Kauf) und der Verfügungsv. (z. B. Abtretung, Einigung über den Eigentumsübergang) scharf zu unterscheiden, auch wenn diese bei Geschäften des täglichen Lebens oftmals zusammenfallen (Sachenrecht). Wie bei allen Rechtsgeschäften gibt es ferner abstrakte und kausale V. Der V. ist regelmäßig ein sog. Konsensualv., der durch die beiderseitige Willensübereinstimmung zustande kommt (Konsensualkontrakt, Versprechensgeschäft). In einigen Fällen muss zum Vertragsabschluss jedoch noch eine tatsächliche Handlung hinzu kommen (sog. Realvertrag, Realkontrakt oder Handgeschäft), z. B. die Hingabe der Sache bei der Verwahrung. Die sog. Draufgabe (Arrha, Handgeld) ist nicht Voraussetzung des V.abschlusses, sondern nur ein Anhaltspunkt hierfür (Vermutung); sie ist bei V.aufhebung wieder zurückzugeben und gilt im Zweifel nicht als Reugeld (§§ 336 ff. BGB). V. können weiterhin entgeltlich oder unentgeltlich sein; auch der Gefälligkeitsv. (z. B. Auftrag) ist ein echter V. (anders Gefälligkeitsverhältnis). Der V. kann einseitig (z. B. Bürgschaft) oder zweiseitig verpflichtend sein; stehen die beiderseitigen Verpflichtungen in einem Abhängigkeitsverhältnis, so liegt ein gegenseitiger V. (Austauschv., z. B. Kauf, Miete) vor, für den besondere Regeln gelten. Selbst wenn ein V. (z. B. wegen Formmangels) nichtig ist, kann er als sog. faktischer V. vertragsähnliche Wirkungen äußern, wenn die Rechtsverhältnisse der Beteiligten so abgewickelt wurden, als ob ein wirksamer V. bestanden hätte (insbes. bei Dauerschuldverhältnissen; faktische Gesellschaft, faktisches Arbeitsverhältnis). Eine Besonderheit ist schließlich der V. zugunsten Dritter.
5.
Leistungsstörungen (Pflichtverletzung) können auf die Abwicklung eines V. einwirken. Für eine rechtsgeschäftliche Veränderung oder Aufhebung ist, soweit das Gesetz keine andere Regelung zulässt (Rücktritt vom Vertrag, Kündigung) und die Parteien nichts anderes vereinbart haben (nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, § 308 Nr. 4 BGB), gleichfalls ein V. erforderlich (§ 311 I BGB). Dieser bedarf nicht der Form des ursprünglichen Rechtsgeschäfts, sofern die Pflichten durch die Abänderung nicht vermehrt werden und der urspr. V. noch nicht (z. B. durch eine Auflassungsvormerkung) vollzogen worden ist. Die Parteien können aber auch das alte Schuldverhältnis aufheben und an dessen Stelle durch V. ein völlig neues treten lassen (sog. Schuldumschaffung, Schuldumwandlung, Schuldersetzung oder Novation). Eine Schuldumschaffung liegt beispielsweise in der Ausstellung eines Prolongationswechsels oder in der Anerkennung eines abgerechneten Saldos aus Kontokorrent. Während bei der bloßen V.änderung das ursprüngliche Schuldverhältnis mit allen Sicherungsrechten, z. B. Bürgschaft, Pfandrecht, erhalten bleibt, erlöschen diese Sicherungsrechte regelmäßig bei der Schuldumschaffung (Ausnahme beim Kontokorrent, § 356 HGB).
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